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Archiv 2016

„Im Miteinander und im Glauben Trost schöpfen“

Trauergottesdienst für Niklas Pöhler

Am Samstag, 21. Mai 2016 wurden um 10 Uhr die Tore der St. Marien Kirche in Bad Godesberg für die Trauergemeinde geöffnet. Vor dem Altar war der Sarg von Niklas Pöhler aufgebahrt. Der weiße Sarg war mit weißen Lilien geschmückt. Als Ausdruck des christlichen Glaubens an die Auferstehung brannte neben dem Sarg die Osterkerze.

„Alle waren eingeladen, im Miteinander und im Glauben Trost zu schöpfen“, sagt Dechant Dr. Wolfgang Picken. Die Marienkirche von Bad Godesberg gehört zu den größten Kirchen des Erzbistums Köln und bietet Platz für mehr als 600 Gottesdienstbesucher. Zudem gab es eine Lautsprecherübertragung des Gottesdienstes auf den Kirchplatz.

Die Messfeier begann um 11 Uhr. Hauptzelebrant und Prediger war Dechant Picken. Er begleitet die Familie. Mitzelebriert wurde die Messe durch den Pfarrer von Bad Breisig, dem Heimatort von Niklas Pöhler, Günter Marmann und die an der Marienkirche tätigen Priester. Weihbischof Ansgar Puff wohnte in Vertretung des Erzbistums Köln und des Kölner Erzbischofs dem Gottesdienst bei.

Die Exequien begannen mit einem Lied des Bonner Rapp-Musikers Djaspora
https://www.facebook.com/Djaspora-436540486453759/.
Der junge Künstler senegalesischer Abstammung hatte das Lied bereits am Todestag von Niklas komponiert und ins Netz gestellt. „Dieser Song hat die Familie und auch mich sehr berührt. Er bringt auf einfühlsame Weise ins Wort, was gegenwärtig viele bewegt. Deshalb war das Lied ein guter Einstieg in die gemeinsame Feier“, sagt Dechant Picken. Im Mittelpunkt der Messfeier stand die Textstelle aus dem Lukasevangelium, in der von der Auferweckung des Jünglings von Nain die Rede ist. Jesus erweckt in dieser Erzählung den einzigen Sohn einer Witwe zu neuem Leben. Dabei spricht er: „Junger Mann, ich sage Dir, steh auf!“ Diese Textstelle habe eine große Nähe zur Situation des Abschieds von Niklas. „Auch bringt die Erzählung unsere christliche Hoffnung zum Ausdruck, nämlich dass Gott im Augenblick seines Todes zu Niklas gesagt hat: „Niklas steh auf!“ und ihn in das neue Leben geführt hat“, erläutert Godesbergs Pfarrer.

Musikalisch wurde der Gottesdienst zudem vom Gospelchor „Spirit of Gospel“ der Katholischen Kirchengemeinde im Südviertel von Bad Godesberg und mit Werken für Saxophon und Orgel gestaltet. Die musikalische Gesamtleitung hatte Seelsorgebereichsmusiker Daniel Kirchmann.

Nach der Heiligen Messe wurde der Sarg von Niklas in Prozession zum nahegelegenen Burgfriedhof überführt. Das Geleit erfolgte in Stille. Der Prozessionsweg wurde durch die Polizei abgesperrt und gesichert. Auf dem Burgfriedhof wurde Niklas Pöhler anschließend beigesetzt. Zum Abschluss der Zeremonie erklang das Lied „Never forget you“ von Zara Larsson. Es war das letzte Lied, das Niklas wenige Stunden vor dem Mordanschlag auf seiner Homepage gepostet hatte. Dabei stiegen Tauben zum Himmel auf.

 

Dossier zu Niklas Pöhler Link zur GA Homepage

Nik P. (†17) wurde im weißen Sarg beerdigt Link zu bild.de

Berührende Trauerfeier für Niklas (†17) Dechant Picken spricht Bonn aus der Seele Link zu express.de

Öffentliche Trauerfeier für Niklas in Bonn Link zu wdr.de

"Mama, ich bin einfach glücklich" Link zu welt.de

Trauerfeier für 17-jährigen Niklas Link zu heute.de

Picken und Stein-Lücke sprechen über GewaltpräventionLink zur GA Homepage

 

Trauergottesdienst für Niklas Pöhler

Gedenken an Niklas Pöhler


Niklas Tod: Bestürzung und Trauer halten an

Trauerfeierlichkeiten: Samstag 11 Uhr, St. Marien, Einlass 10 Uhr

Die Katholische Kirche in Bad Godesberg gibt bekannt, dass die offiziellen Trauerfeierlichkeiten für Niklas am bevorstehenden Samstag, dem 21. Mai 2016, um 11.00 Uhr in der Bad Godesberger Kirche St. Marien, Burgstraße stattfinden werden.


Die St. Marien Kirche wird für die Gottesdienstbesucher erst ab 10.00 Uhr geöffnet sein. Die Beerdigung erfolgt von der Kirche aus auf dem nahegelegenen Burgfriedhof.

Die Familie habe sich für Bad Godesberg als Ort des Abschieds nicht nur wegen der Nähe zum Tatort entschieden, sondern weil es zunehmend mehr der Lebensmittelpunkt der Familie und des Freundeskreises, damit auch von Niklas geworden sei. Bis zum Gottesdienst bleibt das Kondolenzbuch in der Marienkirche geöffnet. „Alle sind herzlich eingeladen, sowohl durch die Eintragung in das Kondolenzbuch als auch durch die Mitfeier des Gottesdienstes am Samstag ihre Anteilnahme am Tod von Niklas und ihr Mitempfinden mit der Familie und den Freunden zum Ausdruck zu bringen,“ sagt Dechant Dr. Wolfgang Picken. Er begleitet die Familie und wird den Abschiedsfeierlichkeiten vorstehen. Ein besonderes Anliegen sei es der Familie, dass bis zur Beisetzung von Demonstrationen und gemeinschaftlichen Aktionen am Tatort abgesehen werde und dieser Ort der persönlichen Trauer und des Gedenkens vorbehalten bleibe.

Mit großer Bestürzung hatte man in der Gemeinde die Nachricht von Niklas Tod aufgenommen. Bereits am Todestag hatten um 12 Uhr alle Totenglocken in Bad Godesberg ein Toten- und Mahngeläut angestimmt. Das Mahngeläut wurde am Samstag zur gleichen Uhrzeit wiederholt. Ebenfalls am Mittag des Todestages wurde von der Gemeinde am Tatort ein Kreuz mit Niklas Namen zur Aufstellung gebracht, um diesen Ort für die Angehörigen und Bürger würdevoll als Ort des Gedächtnisses und der Trauer zu gestalten. Mitglieder des Seelsorgeteams standen immer wieder zum Gespräch am Tatort zur Verfügung. Am Samstagnacht betete die Gemeinde zusammen mit der Familie und den Freunden in einer eindrucksvollen Pfingstnachtfeier für Niklas. Mehr als 500 Gottesdienstbesucher waren gekommen. Ein Spendenkonto zur Finanzierung der Kosten, die im Zusammenhang mit der Beisetzung entstehen, ist eingerichtet: Caritaskonto des Katholischen Kirchengemeindeverbands, IBAN: DE53 3816 0220 4704 6440 14. „Die Betroffenheit aller über den Tod von Niklas hält an. Die Anteilnahme und das Mitgefühl der Bürger sind überwältigend. Niklas Tod ist eine Zäsur. Nichts ist mehr, wie es vorher war! Alle erwarten nun, dass etwas passiert, damit so etwas nie wieder geschieht,“ sagt Dechant Picken. Der tragische Tod von Niklas bilde die Spitze einer seit langem feststellbaren Eskalation der Gewalt. „Wir erleben unter manchen Jugendlichen ein Aggressionspotential, das immer unberechenbarer und zur Gefahr für alle Bürger wird,“ so Godesbergs Pfarrer. Hier sei jetzt insbesondere die Politik gefordert, genau und vor allem ehrlich hinzusehen, nichts zu beschönigen, und mit Konzepten auf die bedrängende Situation zu reagieren. Da man mit der Jugend- und Sozialarbeit gegenwärtig viele Jugendliche nicht erreiche, müsse dringend über ein alle Jugendlichen einschließendes und verpflichtendes Präventionsprogramm an allen Godesberger Schulen nachgedacht werden. „Jetzt muss gehandelt werden, sonst wird es zu erheblichen Protesten in der Bevölkerung und möglicherweise auch zu einer Radikalisierung in Bad Godesberg kommen, so Dr. Picken weiter.

Bereits unmittelbar nach dem Tod von Niklas hatte Godesbergs Dechant darauf hingewiesen, dass es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen in Bad Godesberg, auch in der Nähe des Tatorts komme. Niklas tragischer Tod sei ein unübersehbarer Hinweis darauf, dass gesellschaftliche Prozesse in die falsche Richtung liefen und Sozialpolitik versage. „Vielen Jugendlichen fehlen soziale Lernräume. Oftmals fallen Familien aus und finden Kinder und Jugendlichen keinen Anschluss an die Angebote der Jugendarbeit. Auch fehlen vielen Jugendlichen Zukunftsperspektiven. Das führt zu Frustration und Aggression“, so Dr. Picken. Die Jugendarbeit der Kirchen und Sportvereine binde nur einen Teil der entsprechenden Altersgruppe und die offene Jugendarbeit sei bei weitem nicht umfangreich genug. „Man wird nicht leugnen können, dass solche Entwicklungen auch das trostlose Ergebnis einer falschen Sparpolitik sind. Wo nicht ausreichend in die Jugend investiert wird und man die jungen Menschen sich selbst überlässt, provoziert man solche Fehlentwicklungen und am Ende auch dramatische Gewaltexzesse“, führte der Dechant weiter aus. Mit der aufsuchenden Sozialarbeit, wie dem One-World-Cafe und Offenen Türen würden zwar richtige Impulse gesetzt, aber sie seien bei weitem nicht ausreichend. „Es ist beschämend, dass gerade solche Angebote gegenwärtig oft nicht ohne Spenden aus der Bevölkerung realisiert werden können und man immer wieder um den Erhalt solcher Maßnahmen politisch kämpfen muss. Man kann deshalb nur hoffen, dass Niklas‘ Tod nicht nur Nachdenklichkeit auslöst, sondern unter den politisch Verantwortlichen auch zu der Entschlossenheit führt, die Jugendhilfe und Jugendarbeit umfangreich auszubauen“, resümiert Dr. Picken.


Godesbergs Pfarrer zum Tod von Niklas: „Es lohnt sich, genau hinzusehen!“

Tröstlich: Bürger reagieren mit viel Herz und Anteilnahme.
Klärend: Ein Muslim unter den Opfern, viele Muslime unter den Trauernden!
Schockierend: Mütter berichten am Tatort von ähnlicher Gewalt an ihren Kindern!
Perspektive: Projekt „Gewaltprävention“ in Godesberger Schulen.

„Es ist bewegend und auch beeindruckend, mit wie viel Herz Anteil genommen und getrauert wird“, mit diesen Worten fasst Bad Godesbergs Dechant, Dr. Wolfgang Picken, seine Eindrücke nach dem Tod von Niklas zusammen. Seit das Kreuz am Tatort aufgestellt worden sei, kämen unentwegt Menschen dorthin, um mit Blumen und Kerzen und oft unter Tränen ihrer Betroffenheit Ausdruck zu verleihen. An dem festlichen Gottesdienst in der Pfingstnacht hätten mehr als 500 Gottesdienstbesucher teilgenommen und sich in Gebeten und Gedanken in den Rücken der Angehörigen von Niklas gestellt, die ebenfalls anwesend gewesen wären. „Wenn sich so viel Liebe und Solidarität der Gewalt entgegenstellt, macht das Hoffnung. Es tröstet die Familie und die Freunde und lässt die Menschen spürbar zusammenrücken“, so Dr. Picken. Er begleitet die Familie von Niklas.

Wichtig sei auch zu sehen, wie viele muslimische Jugendliche mit Niklas freundschaftlich verbunden gewesen seien. Dazu zähle auch der enge Freund, der Niklas in der Tatnacht begleitet habe und selbst attackiert worden sei. „Muslimische Jugendliche zählen zu den Opfern und den Trauernden. Deshalb ist eine Instrumentalisierung der Tat für ausländerfeindliche Parolen geradezu grotesk“, sagt der Godesberger Pfarrer weiter. Vielmehr sei er tief bewegt davon, wie gefühlvoll sich gerade auch die muslimischen Jugendlichen am Tatort und gegenüber der Familie verhielten. „Zu beobachten, wie eine größere Gruppe von muslimischen Jugendlichen der Mutter am Tatort kondoliert hat, um dort anschließend weiße Rosen niederzulegen und gemeinsam zu beten, hat mich sehr berührt“, sagt Wolfgang Picken. Es sei für die kommenden Tage wichtig und ein Ausdruck des Respektes vor diesem Ort und dem Wunsch vieler nach stiller Trauer, am Tatort politische Demonstrationen und Gemeinschaftsaktionen zu unterlassen. „Das Verlangen, sich auch politisch zu dem Vorfall zu positionieren, ist verständlich, aber sollte nicht zuletzt aus Respekt vor den Angehörigen andere Orte in Bad Godesberg finden,“, sagt der Pfarrer.

Besonders gehe ihm die Begegnung mit drei Müttern am Tatort nach. Sie hätten unter Tränen von Gewaltanschlägen gegen ihre Kinder berichtet, die in ähnlicher Brutalität in der Nähe des Tatorts stattgefunden hätten. „In allen geschilderten Fällen kam es zu ähnlicher Gewaltanwendung. Es war von Faustschlägen, auch von Tritten ins Gesicht, einmal sogar von einer Messerattacke und immer von schweren und nachhaltigen Verletzungen die Rede“, berichtet der Pfarrer. Das unterstreiche noch einmal, dass der tragische Tod von Niklas im Kontext vorheriger Gewalttaten bewertet werden müsse. „Der Tod von Niklas bezeichnet die Spitze einer Eskalation der Gewalt. Deshalb ist jetzt gefordert, dass das Problem ernstgenommen und gehandelt wird. Das ist die Erwartung der Bad Godesberger nicht zuletzt an die Politik, die man nicht enttäuschen darf“, mahnt der Dechant.

„Ich habe mit unserem Bonner Oberbürgermeister, Ashok-Alexander Sridharan, intensiv gesprochen und ihm unter anderem die Idee vorgetragen, in allen Godesberger Schulen eine für alle Schüler eines Jahrgangs verpflichtende Gewaltprävention durchzuführen. So erreichen wir sukzessive jeden Jugendlichen im Stadtbezirk und könnten für Bewusstseinsbildung sorgen. Auch dürfte ein solches Pilotprojekt „Keine Toleranz der Gewalt“ bundesweit modellhaft werden“, so Dechant Picken. Er habe den Eindruck, dass Bonns Oberbürgermeister fest entschlossen sei, die Situation in Bad Godesberg zu analysieren und darauf konsequent zu reagieren. „Wir haben uns zu einem weiteren Gespräch verabredet und wollen unter anderem die Idee einer Gewaltprävention für alle Schüler unserer Schulen weiterdenken!“ sagt der Pfarrer. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass man nach Niklas Tod zum politischen Alltag übergehe. „Auch für die Familie ist es wichtig, dass Konsequenzen gezogen werden. Sie wünscht sich sehr, dass Niklas Tod nachträglich einen Beitrag dazu leistet, dass die Gewalt abnimmt und die Menschen friedvoll zusammenrücken“, resümiert Pfarrer Picken. Nun aber sei der Blick zunächst auf die Vorbereitung der Trauerfeierlichkeiten gerichtet.

Bilder: © Stefan Reifenberg und privat